Die Fußampel: Qualitätsoffensive zur Früherkennung in der Kinderorthopädie

Dr. Björn Vehse (Kinderklinik Siegen),, Dr. Melanie Horter (SPZ Coesfeld), Dr. Daniel Herz, Dr. Michael Poschmann (Kinderorthopädie München Harlaching)

Wie können wir neuromuskulär erkrankten Kindern, etwa Kindern mit Cerebralparese, mehr Lebensqualität und Teilhabe ermöglichen?

Die Behandlung betroffener Kinder ist einer der großen Schwerpunkte unserer Klinik für Kinderorthopädie am Marienstift Arnstadt.

Moderne, präventiv ausgerichtete Therapiekonzepte, bei denen junge Patientinnen und Patienten multidisziplinär versorgt werden, haben das Ziel, frühzeitig Probleme und Deformitäten zu erkennen und die Kinder nach einem definierten Versorgungspfad zu behandeln. So sollen Schmerzen und späteren schweren Schädigungen des Bewegungsapparates entgegengewirkt werden.

Vor diesem Hintergrund stehen die Kinderorthopäden des Marienstifts Arnstadt in regelmäßigem Austausch mit Fachkollegen und sind Teil fachspezifischer Kongresse. So etwa konnte Dr. med. Daniel Herz, Oberarzt in der Klinik für Kinderorthopädie, Ende Juni beim Jahreskongress der European Academy of Childhood-onset Disability (EACD) und des Weltverbandes International Alliance of Academies of Childhood Disability (IAACD) in Maulbronn/Heidelberg im Rahmen eines Vortrags darstellen, wie betroffene Kinder und Jugendliche von diesen multiprofessionellen Konzepten profitieren können. 

Die mittlerweile weltweit etablierten Präventions- und Überwachungs-Projekte der Hüftampel (nach Hägglund) konnte Dr. Herz gemeinsam mit dem „Netzwerk Cerebralparese“, in dessen Vorstand er engagiert ist, in den vergangenen Jahren um eine Wirbelsäulenampel ergänzen. Jüngstes Tool im Ampelsystem ist die Fuß-Ampel, die federführend seit vier Jahren auch am Marienstift entwickelt wurde und für die derzeit Publikationen in Arbeit sind. Den Fachkolleginnen und -kollegen beim Welt-Kongress konnte Dr. med. Daniel Herz die bisherigen Erfahrungen in der Anwendung dieser Ampelsysteme vorstellen. "Die Konzepte, die mittlerweile auch schon Eingang in die aktuellen Lehrbücher gefunden haben, sind auf großes Interesse gestoßen", erläutert der Kinderorthopäde. "Viele möchten diese Ampeln jetzt auch in ihre Versorgungskonzepte integrieren."

 

Die Forschungen sind besonders für Kinder relevant, die beispielsweise aufgrund eines frühkindlichen Hirnschadens an einer Cerebralparese leiden. Diese meist spastischen Bewegungsstörungen führen bei den Betroffenen zu wachsenden Problemen im Bereich des gesamten Bewegungsapparates. Besonders betroffen sind Wirbelsäule, Hüften und die Füße. „Mittlerweile weiß man, dass eine frühzeitige und verbindliche Therapie schweren Schädigungen erheblich entgegenwirkt“, sagt Dr. Herz. Mit deutlich positiven Auswirkungen auf die Lebensqualität und motorischen Fähigkeiten der Kinder. „Man wartet nicht, bis die Wirbelsäule schwer deformiert ist und das Kind nicht mehr sitzen kann oder bis die Füße durch Deformierung keine Last mehr übernehmen können. Man behandelt vielmehr frühzeitig, auch operativ, und in enger interprofessioneller Abstimmung im Team: mit Kinderneurologen, Therapeuten und Orthopädietechnikern.“ Denn zu späte oder nicht abgestimmte Behandlung führt zu Funktionsverlust und starken Schmerzen mit Minderung der Lebensqualität und Teilhabe.

Nach den sehr wichtigen Forschungen der vergangenen Jahrzehnte zur präventiven, anstatt nur reaktiven Behandlung an Hüfte und Wirbelsäule können Kinderärzte und Therapeuten bundesweit bereits seit zwei   Jahren auf das  Screening-Instrument der Fuß-Ampel zurückgreifen. „Diese Ampeln lenken den Fokus gezielt auf Risikofaktoren hin mit dem Ziel, frühzeitig fachgerechte Therapien und Untersuchungstechniken abzuleiten und Kinder- und Neuroorthopäden zu Rate zu ziehen.“

Die Kinderorthopäden der Fachklinik für Orthopädie am Marienstift sehen in den Ampel-Tools eine Qualitätsoffensive, die betroffenen Kindern zugutekommt und ihnen schwere Verläufe und viele Schmerzen ersparen kann. „Wir sehen, dass sich die Konzepte der Früherkennung weiter durchsetzen und zum Therapiestandard etablieren“, sagt Dr. Herz. „Die Kinder haben damit langfristig sehr viel bessere Entwicklungsaussichten, weniger Schmerzen, mehr Teilhabe und eine bessere Lebensqualität.“

Foto rechts: (v.l.) Dr. Björn Vehse (Kinderklinik Siegen),, Dr. Melanie Horter (SPZ Coesfeld), Dr. Daniel Herz,  Dr. Kerstin Bosch, Ganglabor Coesfeld, Dr. Michael Poschmann (Kinderorthopädie München Harlaching)

 

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