Bericht: Kinderorthopädie in den Tropen

"An manchen Tagen hatten wir Probleme, Nahtmaterial zu beschaffen", sagt Ulrike Seeberger, Fachärztin für Orthopädie und Unfallchirurgie, über ihre Afrika-Aufenthalte am Anfang ihrer Laufbahn. Inzwischen arbeitet sie in der Kinderorthopädie des Marienstifts Arnstadt. Dort berichtet sie am Mittwoch (20. Juni) im Rahmen einer Fortbildungsveranstaltung für Mediziner, Pflegekräfte und Therapeuten von ihrem Einsatz in den Tropen und mit welchen Herausforderungen Ärzte und Patienten zurechtkommen müssen.

2007 war sie erstmals in Uganda, damals noch als Besucherin. Doch sie hatte Feuer gefangen für den Kontinent. "Das ist eine völlig fremde Welt,", sagt sie. Schon ein Jahr später ging sie, damals schon Ärztin, für einige Wochen in die Republik Niger, "ein karges, armes Land". 2012 schließlich tat sie mit dem Deutschen Missionsärzteteam ein Jahr lang Dienst in Uganda, in dem Örtchen Kagando, acht Stunden von der Hauptstadt entfernt.

"Wer dort ins Krankenhaus geht, ist sehr krank", berichtet Ulrike Seeberger. "Die Patienten müssen ihre Behandlung selbst zahlen. Viele verkaufen ihre Felder, und damit ihre Lebensgrundlage, um sich dringend notwendige Operationen leisten zu können." Schuld sei das zerfressene staatliche Gesundheitssystem, das nicht gut funktioniere. "Es fehlt an Personal und an Medikamenten", so die Kinderorthopädin, die dort vom Kaiserschnitt bis zur Unfallchirurgie fachübergreifend eingesetzt war. Sie habe Krankheiten gesehen, die sie zuvor nur aus den Lehrbüchern kannte - gerade auch im orthopädischen Bereich in extremer Ausprägung. "X- und O-Beine sowie Klumpfüße kommen in solchem Ausmaß hierzulande nicht vor. Dennoch vermeidet man Operationen, wann immer es irgendeine Alternative gibt." Denn das OP-Risiko sei in diesen armen Gebieten sehr hoch, allein schon wegen des Mangels an Desinfektionsmittel. Medikamente kämen teilweise aus unzuverlässigen Quellen. Häufig hat sie erlebt, dass Operationen verschoben werden mussten, weil schon die einfachste Ausrüstung fehlte. "Man fühlt sich dann als Arzt hilflos und frustriert, wenn man Patienten weiterverweisen muss", sagt Ulrike Seeberger. "Da ist auch Kreativität gefragt." High-Tech-Geräte? Röntgen? "Wozu, wenn es immer wieder Stromausfall gibt und keine Ersatzteile, wenn etwas kaputtgeht."

Dennoch möchte sie die Zeit in Afrika nicht missen: "Die Dankbarkeit und Freundlichkeit der Leute ist enorm", berichtet die Ärztin. "Irgendwann möchte ich so einen Einsatz noch einmal durchführen."

 

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