Kinderorthopädie international vernetzt: Screening beugt vor

Team Kinderorthopädie international vernetzt: Screening beugt Schädigung vor

Der Schwede Prof. Dr. med. Gunnar Hägglund ist einer der bekanntesten Kinder- und Neuroorthopäden weltweit und Vater eines mittlerweile weltweit etablierten Präventions-Überwachungs-Projektes, das Kinder mit Cerebralparese in einen definierten interdisziplinären Versorgungspfad gebracht hat. Dieses Vorgehen sorgt für eine frühzeitige Erkennung von Problemen und Deformitäten und für eine frühe auch operative Therapie. Es kann Schmerzen und späteren schweren Schädigungen des Bewegungsapparates entgegenwirken.

In dieser Woche konnten die Kinderorthopäden am Marienstift Arnstadt den renommierten Spezialisten zum fachlichen Austausch in der Fachklinik für Orthopädie begrüßen.

„Dieser präventive Ansatz ist Grundlage für unsere eigenen kinderorthopädischen Versorgungskonzepte am Marienstift, sodass wir viele gemeinsame Schnittmengen haben und seit Jahren in engem Austausch stehen.“, sagt Oberarzt Dr. med. Daniel Herz, der jetzt zum Weltkongress OTWorld2022 in Leipzig gemeinsam mit Prof. Hägglund ein Fachsymposium leitete.

Die Forschungen legten die Grundlage für ganz neue Behandlungsstrukturen von Kindern, die zum Beispiel aufgrund eines frühkindlichen Hirnschadens an einer Cerebralparese leiden. Diese meist spastischen Bewegungsstörungen führen bei den Betroffenen zu zunehmenden Problemen im Bereich des gesamten Bewegungsapparates. Besonders betroffen sind Wirbelsäule, Hüften und die Füße. „Mittlerweile weiß man, dass eine frühzeitige und verbindliche interprofessionelle Therapie schweren Schädigungen erheblich entgegenwirkt“, sagt Dr. Herz. Mit deutlich positiven Auswirkungen auf die Lebensqualität und motorischen Fähigkeiten der Kinder. „Man wartet nicht, bis die Wirbelsäule schwer deformiert ist und das Kind nicht mehr sitzen kann oder bis die Hüfte auskugelt und bis die Füße durch Deformierung nicht mehr Last übernehmen können.“ Vielmehr behandele man heutzutage im interprofessionellen Team: mit Kinderneurologen, Therapeuten und Orthopädietechnikern. „Denn zu späte oder nicht aufeinander abgestimmte Behandlung kann zu Funktionsverlust und starken Schmerzen mit Minderung der Lebensqualität und Teilhabe führen“, sagt Herz.

Anhand der Grundlagenforschung der Schweden, die in den vergangenen 28 Jahren mit einem präventiven, anstatt nur reaktiven Krankheitsmanagement u.a. das Risiko einer Hüftluxation von 15 auf null Prozent senken konnten, war Dr. Daniel Herz gemeinsam mit dem deutschen „Netzwerk Cerebralparese e.V.“ und im Auftrag der Deutschen Gesellschaft für Kinderorthopädie an der Entwicklung von Screening-Modulen zur interdisziplinären Behandlung beteiligt. Nach dem schwedischen Vorbild des Ampelsystems können nun auch deutsche Kinderärzte wie auch Therapeuten auf die Wirbelsäulenampel, die Hüftampel und – ganz aktuell – auch auf die Fußampel zurückgreifen. „Diese Instrumente lenken den Fokus auf Risikofaktoren hin mit dem Ziel, frühzeitig fachgerechte Therapien und Untersuchungstechniken abzuleiten und Kinder- und Neuroorthopäden zu Rate zu ziehen.“

„Die schwedischen Forschungsansätze, auf die wir aufbauen, waren bahnbrechend für die Behandlung der Cerebralparese“, schätzt auch Dr. med. Christine Bollmann, Chefärztin der Klinik für Kinderorthopädie am Marienstift Arnstadt, ein. Die Kinderorthopäden der Fachklinik für Orthopädie am Marienstift sehen darin eine Qualitätsoffensive, die betroffenen Kindern zugutekommt und ihnen schwere Verläufe und viele Schmerzen ersparen kann. Deshalb haben die Behandlungsansätze nicht nur unmittelbare Auswirkungen auf die Arbeit in der Arnstädter Fachklinik. Die Kinderorthopäden gehen daher zur interdisziplinären Betreuung besonders schwer betroffener Patienten in die Sozialpädiatrischen Zentren (SPZ). Sechs solcher mitteldeutschen Zentren in vier Bundesländern werden durch das Marienstift betreut. Dr. Herz: „Es ist glücklicherweise inzwischen von der Deutschen Gesellschaft für Sozialpädiatrie festgelegt, dass Kinderorthopäden bei der Behandlung von CP-Patienten in den Sprechstunden der SPZ involviert sein müssen. Wir hoffen, dass sich die Konzepte der Früherkennung weiter durchsetzen“, sagt er. „Die Kinder haben damit sehr viel bessere Entwicklungsaussichten.“

„Unsere Kinderorthopädie am Marienstift partizipiert damit an wegweisenden Entwicklungen zur Früherkennung von Problemen bei Cerebralparese“, sagt Prof. Dr. med. Maik Hoberg, Ärztlicher Direktor der Fachklinik für Orthopädie des Marienstifts Arnstadt. “Insgesamt arbeitet das Team in der Behandlung neuroorthopädischer Fälle auf internationalem Spitzenniveau.“ Zum Wohle der jungen Patientinnen und Patienten aus dem gesamten Bundesgebiet, die ins Marienstift zur Behandlung kommen.

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