Säuglingssonografie beugt Hüftleiden vor: Möglichst frühzeitiger Therapiestart

„Die Hüften sind mittlerweile ausgereift. Da können Sie ganz entspannt sein“, sagt Oberarzt Dr. med. Daniel Herz vom Marienstift Arnstadt nach der Sonografie von Baby Annas Hüften. Mutti Romy Elle ist froh: Nach einem auffälligen Befund hatte die Kinderärztin das Baby zur Kontrolle in die Kinderorthopädie überwiesen.

Ist das Hüftgelenk ausreichend zentriert, sind die Hüftköpfe stabil in der Gelenkpfanne positioniert und ist die Hüftpfanne altersgerecht ausgebildet? Wie gut das Hüftgelenk ausgebildet ist, kann im Ultraschall exakt dargestellt werden. „Das ist das tollste Ding auf Erden“, sagt Dr. Herz begeistert über das Hightech-Ultraschallgerät in seiner Sprechstunde. Sorgen, das Baby könnte Strahlungen ausgesetzt werden, müssen Eltern nicht haben. „Die Ultraschallmethode ist strahlungsfrei“, sagt der Oberarzt.

Seit 1996 ist das Hüftscreening in Deutschland Bestandteil der U3 für Neugeborene. Fast genausolang wird diese Kassenleistung im Marienstift durchgeführt – jahrzehntelang unter der Regie von Oberarzt Dr. med. Lutz Forke, inzwischen in Verantwortung von Dr. Daniel Herz. Über die Jahre konnten viele Kinder mit krankhaften Befunden, also einer Hüftdysplasie, herausgefiltert werden und so einer rechtzeitigen Therapie zugeführt werden - bevor ein komplexes Hüftleiden entsteht.

Viele Referenzuntersuchungen finden an der Fachklinik statt, wenn Befunde beim Kinderarzt oder schon beim ersten Ultraschall in der Geburtsklinik auffällig sind. Manche Kinder kommen aber auch zur Erstuntersuchung der Hüfte ins Marienstift.

„Wir sind ein Referenzzentrum für Mitteldeutschland“, sagt Dr. Herz. Rund 1200 Säuglings-Hüften werden jährlich in der Fachklinik für Orthopädie des Marienstifts Arnstadt untersucht. Etwa vier Prozent aller Neugeborenen sind von einer Hüftdysplasie betroffen; Mädchen häufiger als Jungen. Risikofaktoren können zudem eine Beckenendlage des Kindes im Mutterleib sein, aber auch die familiäre Veranlagung. Auch das 1. Kind ist etwas häufiger betroffen. Grund: „In den letzten Schwangerschaftswochen wird es eng im Mutterleib, sodass der Gelenkknorpel deformiert werden kann“, erklärt der Kinderorthopäde. „Eigentlich wünschen wir uns, dass das Screening schon früher als bei der U3 stattfindet. Wenn es mit vier Monaten auffällt, ist das schon recht spät.“ Denn je älter das Kind ist, je später die Diagnose gestellt wird, desto aufwendiger und länger muss die Therapie ausfallen. In leichten Fällen einer Reifeverzögerung ist eine Abspreizbehandlung mit breitem Wickeln oder einer Spreizhose ausreichend. Bei echten Dysplasien kommt eine Spreizbeugeschiene zum Einsatz.

Rechtzeitig therapiert, reift das Gelenk vollständig nach, was auch im Rahmen der Sprechstunde kontrolliert wird. „Nur in seltenen Fällen ist das Einrenken des Gelenkes unter Narkose nötig mit Anlegen eines Beckenbeingipses“, sagt Dr. Herz. Hier kontrollieren wir die korrekte Lage des Hüftkopfes ebenfalls ganz strahlungsfrei durch Sonographie mit einem Spezial-Schallkopf. Nach erfolgreichem Abschluss der Therapie, die sechs Wochen bis sechs Monate dauern kann, entwickelt sich die Hüfte in der Regel völlig normal.

Selten kann die Hüfte nach Ausheilung einer Dysplasie im Laufe des Wachstums erneute Probleme machen. „Daher halten wir die Kinder bis zum Wachstumsabschluss im Auge und kontrollieren in der Regel nach Laufbeginn, vor der Einschulung und im Teenager-Alter durch eine Röntgenaufnahme in der kinderorthopädischen Sprechstunde“.

Wird die Hüftdysplasie jedoch nicht erkannt und therapiert, droht der frühzeitige Gelenkverschleißes, also eine Arthrose. „Wir beugen also mit dem Ultraschallscreening schweren Folgeschäden im frühen Erwachsenenalter vor, die bis zum Gelenkersatz führen können“, sagt Daniel Herz. „Seit einigen Jahren fällt uns auf, dass wir seltener Teenager mit schweren Hüftproblemen sehen. Dies lässt sich auf die deutschlandweite Einführung des Screenings in den 1990er-Jahren zurückführen“, so Dr. Herz. „Den Kindern bleibt dadurch einiges erspart.“

Für Baby Anna ist keine Therapie notwendig: „Ist die Hüfte gesund, muss beim Wickeln diesbezüglich auch nichts beachtet werden“, sagt Dr. Daniel Herz.

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